Vincennes, Freitag, 27. Mai 2022. Zwei internationale Gruppe-III-Prüfungen adelten die nur sieben Akte umfassende Abendkarte auf dem Plateau de Gravelle, wobei das Hauptaugenmerk dem Prix du Crépuscule galt.
Der, mit dem Auto gestartet und folglich über 2.100 Meter führend, wendete sich an ältere Traber, die keine 700.000 Euro auf der hohen Kante hatten, und wurde zur verblüffend leichten Beute Ampia Mede SMs, die vorweg gegen drei Vertreter aus dem Entraînement Jean-Michel Bazire taktisch keinen gar so leichten Stand zu haben schien.
Mit der unter Fabrice Souloys Regie - der hatte sie vor rund 15 Monaten übernommen - 13-fachen Siegerin mischte Franck Nivard umgehend vorn mit und war im Bogen von Joinville nach Digne et Droit und Eclat de Gloire der dritte Leader. Sofort kam mit Elie de Beaufour auch schon der vermeintlich härteste Rivale der Ganymède-Tochter angerückt und durfte eingangs der Überseite in Front. Als außen Feydeau Seven vor Rebella Matters, Dollar Soyer und Violetto Jet aufzog, schien Jean-Michel Bazires Plan aufzugehen.
Sich von der Bazire-Bande einbauen lassen oder seiner Stute früh die Todeslage zumuten war für Nivard wie die Wahl zwischen Pest und Cholera. Er entschied sich für den Todessitz - und lag damit goldrichtig. Wie die unscheinbare Braune sich 200 Meter vorm Ziel bei nunmehr krachender Fahrt immer tiefer legte und den Wallach mit der kecken Schnippe, der mit 26 Treffern aus 38 Versuchen auch kein ganz Schlechter ist, locker links liegen ließ, war ganz großes Kino und bestätigte einmal mehr die Meinung ihres Ausbilders, sie gehöre zum Besten, was er je in Fingern gehabt habe.
Waren die Plätze eins und zwei sonnenklar, so gab’s um „Bronze“ ein Hauen und Stechen um jeden Zentimeter, bei dem die zuletzt mehrmals glücklose Rebella Matters endlich Fortuna auf ihrer Seite hatte. Ganz außen wischte sie an Elvis du Vallon, der sich wie ein Aal ganz innen durchwand, und Eclat de Gloire mit den letzten Schritten vorbei.
„Jüngst im ‚Ducs de Normandie‘ war sie trotz guten Verlaufs unerklärlich schwach. Vielleicht lag’s daran, dass es in Caen rechtsrum geht. Heute hat sie bewiesen, was sie kann und wie wohl sie sich in Vincennes fühlt“, schrieb Nivard der Nachfolgerin solcher Größen wie Violetto Jet, Alcoy, Dijon, Un Mec d’Héripré und Univers de Pan ins Fahrtenbuch. Das wird, so sie den heutigen Parademarsch gut verdaut, für die Prix Chambon P (11. Juni) und René Ballière am Vincenner Super-Sonntag (26. Juni) wieder aufgeklappt.
Prix du Crépuscule (Gruppe III int., Fünf- bis Zehnjähr., keine 700.000 Euro)
2100m Autostart, 90.000 Euro
1. Ampia Mede SM 10,8 Franck Nivard 21
6j.br. Stute von Ganymède a.d. Polimpia Slide SM von Yankee Slide
Be: Scud. Se.Fin, IT; Zü: Scud. del Baronetto Srl, IT; Tr: Fabrice Souloy
2. Elie de Beaufour 11,0 Jean-Michel Bazire 27
3. Rebella Matters 11,2 Christophe Martens 130
4. Elvis du Vallon 11,2 David Thomain 140
5. Eclat de Gloire 11,2 Loris Garcia 300
6. Feydeau Seven 11,3 Nicolas Bazire 92
7. Violetto Jet 11,6 François Lagadeuc 260
8. Digne et Droit 11,9 Tony Le Beller 1000
9. Dollar Soyer 12,1 Eric Raffin 500
Sieg: 21; Richter: leicht 2 - 2 - Kopf - k.Kopf - 1 - 2½ - 2½ Längen; 9 liefen
Zw-Zeiten: 09,5/600m - 10,6/1100m - 11,4/1600m
Wert: 40.500 - 22.500 - 12.600 - 7.200 - 4.500 - 1.800 - 900 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2022-05-27/7500/2
Der falsche Italiener vorn
Eine halbe Stunde zuvor waren im Prix Caecilia um 70.000 Euro Vierjährige gefragt, die keine 165.000 Euro verdient hatten. Die deutsch-holländischen Hoffnungen, Usain Lobell könne sich ein kleines Stück vom Prämienkuchen abschneiden, zerplatzten bereits beim Eindrehen. Wie im deutschen Derby sprang der Sohn der Lobell Countess endlos und grüßte wie die fehlerlos noch unbezwungene, aber eben auch schon viermal mit „rot“ ausgemusterte Isla Jet von der Sündertafel, als die restlichen 14 kaum 100 Meter weit gekommen waren.
Nur kurz durfte Isla Bonita die Nase in Front stecken. Dann war Caio Titus Bond, im März von Souloy zu Sébastien Guarato überstellt, da, der sich aber in Anbetracht der 2.700 Meter weiten Reise ebenfalls nicht unbedingt auf dem Platz an der Sonne halten wollte. Erst Iron Meslois, dann Favorit Cresus di Poggio rauschten vorbei, als es das erste Mal am Zielschild vorbeiging. Der unter Bazires Fittichen bei vier Versuchen noch nie bezwungene Muscle-Hill-Sohn nach 800 Metern in der Rolle des Dirigenten - die Frage nach dem Sieger schien zeitig geklärt.
Doch irgendwie schien das heute nicht Cresus‘ Tag zu sein, den „JMB“ pausenlos mit dem Gebiss beschäftigte, um ihn bei Laune zu halten. So wunderte es nicht, dass er gegen If I Tell Yous geharnischten Zwischenspurt kein Mittel wusste und den Love-You-Sohn am Gipfel passieren ließ. Bis 200 Meter vor Ultimo durfte Gabriele Gelormini vom Sieg träumen. Dann packte Cresus di Poggio wieder an und stiefelte locker vorbei, war damit aber noch nicht zu Hause.
Seine beiden Schatten Iron Meslois und der in Spur vier eingesetzte Caio Titus Bond hatten deutlich mehr in petto. Mathieu Mottier schoss mit dem Varenne-Sohn, der auf den letzten 500 Metern in 1:05,7 über den schwarzen Sand von Vincennes stiebte, den Vogel ab und stellte bei 422:10 so gut wie alle Prognosen auf den Kopf.
Prix Caecilia (Gruppe III int., Vierjähr., keine 165.000 Euro)
2700m Bänderstart o.Z., 70.000 Euro
1. Caio Titus Bond 13,6 Mathieu Mottier 422
4j.br. Hengst von Varenne a.d. Petra Axe von Daguet Rapide
Be / Zü: Stefano Bondi, IT; Tr: Sébastien Guarato
2. Iron Meslois 13,7 Pierre Belloche 110
3. Cresus di Poggio 13,8 Jean-Michel Bazire 15
4. I Want You 13,8 Gwenn Junod 940
5. Imagine Darling 13,9 Etienne Dubois 530
6. If I Tell You 13,9 Gabriele Gelormini 260
7. Imoko Aimef 14,0 François Lagadeuc 130
8. Isla Bonita 14,0 David Thomain 660
9. Cocis MP 14,1 Christophe Martens 420
10. Ivanka de Jilme 14,1 Matthieu Abrivard 190
11. Icône de Castelle 14,3 Thomas Beauchêne 1600
12. Inside 14,3 Alexandre Abrivard 900
13. Ibérik de Mongochy 14,8 Adrien Mériel 1740
14. Ibra du Loisir 15,3 Laurent-Claude Abrivard 1280
Usain Lobell dis.r. Robin Bakker 300
Isla Jet dis.r. Eric Raffin 72
Sieg: 422; Richter: sicher ¾ - 1 - 1 - ¾ - Kopf - ¾ Länge; 16 liefen
Zw-Zeiten: 13,6/1200m - 15,0/1700m - 14,4/2200m
Wert: 31.500 - 17.500 - 9.800 - 5.600 - 3.500 - 1.400 - 700 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2022-05-27/7500/1