Oslo-Bjerke, Sonntag, 13. Juni 2021. Obwohl von der Mini-Dotierung von 660.000 im Vorjahr kräftig auf 1.075.000 NKR (ca. 107.000 Euro) aufgepeppt - was dennoch nur „Peanuts“ sind im Vergleich zu jenen 1,5 Millionen NKR, die vor der Corona-Pandemie allein dem Sieger zustanden -, konnte der Oslo Grand Prix erneut keinen Blumentopf gewinnen, was die Besetzung betraf.
In Norwegens berühmtestem „International“ blieben wegen der anhaltend restriktiven Einreisebeschränkungen einheimische Pferde und vor allem Fahrer unter sich. Gerade die Schweden waren bei „freier Wahl des Arbeitsplatzes“ sonst in Schwärmen in die Kapitale am Oslo-Fjord eingefallen und hatten fette Beute gemacht, waren diesmal jedoch mit Dragster und Guzz Mearas eher schwach besattelt.
Das stellte auch die Wetter vor enorme Probleme. Sieben der zehn Aspiranten notierten beim „Ab“ unter 100:10, bei 4,1-fachen Odds wurde Bill’s Man, vielleicht auch wegen der exzellenten Startrampe „1“, auf den Favoritenschild gehievt. Frode Hamre nutzte die gute Ausgangslage, sah sich jedoch einem 600 Meter währenden, knüppelharten Duell mit Floris Baldwin (3) ausgesetzt, das der Niederländer, der aus der Deckung in schwedischen Gulddivisionen einige sehenswerte Platzierungen gehamstert hatte, dann abbrach und im Rücken des US-Boys verschwand.
Der ließ es nach diesem Husarenritt verständlicherweise viel ruhiger angehen, was Blé du Gers, den Jean-Michel Bazire wie im vorigen Frühsommer zur Nordeuropa-Rallye unter Frode Hamres Regie geschickt hatte, entschlossen nutzte. Im zweiten Bogen machte sich der Zehnjährige in dritter Spur auf den Vormarsch, wobei er von Floris Baldwin in Empfang genommen wurde, dessen Steuermann richtig gepokert hatte: Åsbjörn Tengsareid begnügte sich mit der Begleitung von Trainingskamerad Bill’s Man.
Innen rückten dadurch Dragster und Rushmore Face um eine Position vor, außen folgten Ferrari B.R. und Vitruvio. Finlandia-Ajo-Sieger und Elitloppet-Teilnehmer Hickothepooh war auf der Suche nach einer ordentlichen Lage eingangs des ersten Bogens ausgefallen, Guzz Mearas in der zweiten Biege auf Viking Va Bene aufgeprallt, womit auch diese Beiden früh aus der Prämienjagd waren. Was Per Oleg Midtfjeld, 2020 Blé du Gers‘ Steuermann, bewog, bei der anspruchslosen Fahrt schon 900 Meter vorm Ziel in Spur drei zu attackieren, wird wohl das Geheimnis des 57-jährigen bleiben.
Schließlich hatte selbst ein Bazire Ferrari B.R. im letzten Herbst nur in Umrissen zu jenem Leben erwecken können, das den Muscles-Yankee-Sohn 2017 zum Vierjährigen-Weltrekordler hatte werden lassen. Es war vorauszusehen, dass der Ferrari, nach der Rückkehr vom Frankreich-Abenteuer auch in seiner Heimat nicht sonderlich auffällig, an der ganz frischen Luft bleiben würde. Auch sein „Gefolgsmann“ Vitruvio ist seit langem nur noch ein Schatten jenes Bombers, der 2019 mit kapitalem Speed die Gegner von letzter Stelle aufgeraucht und sich zum König von Oslo emporgeschwungen hatte.
Ein ähnlicher Fall schien Blé du Gers zu sein, der in Frankreich keine Bäume mehr ausgerissen, im Paralympiatravet als unscheinbarer Fünfter angeschlagen hatte und in Solvallas Harper Hanovers Lopp als Elfter eine satte „Weile“ hinter der triumphalen Siegerin Wild Love eingekommen war. Der mehr als eine Million Euro schwere Wallach aus dem galaktischen 2011er Jahrgang schüttelte erst Ferrari B.R. ab wie eine lästige Fliege, nahm sich dann Bill’s Man zur Brust und ließ ihn locker um zwei Längen links liegen. Weitere zwei Längen dahinter überwand Dragster seinen Schwächemoment im letzten Bogen, nahm nach Ziehen der Ohrenwatte das Gebiss noch mal kräftig an und widerstand den dichtauf endenden Ferrari B.R. und Vitruvio.
Blé du Gers‘ Jubiläumssieg - es war Numero 25 - war einer mit Sternchen. Hatte er im Vorjahr in der Rennrekordzeit von 1:10,0 zur Quote von 100:10 zugeschlagen, so brauchte der etwas ältere Herr diesmal nur 1:12,5 aus den weitgereisten Beinen zu schütteln, um die Mehrzahl der Wetter bei 288:10 in Angst und Schrecken zu versetzen.
Für den in Jarlsberg lizensierten 46-jährigen Tengsareid war dieser 2.821. „der schönste Erfolg meiner Karriere. Der Traum eines jeden norwegischen Trabrennfahrers, mal das bedeutendste International seiner Heimat zu gewinnen, ist wahr geworden. Geglaubt hab ich vorher selbst nicht recht daran.“
Trainer Frode Hamre sah die persönliche Niederlage mit einem lachenden und weinenden Auge: „Ein Doppeltreffer - besser geht’s nicht! Der lange währende Fight ums Kommando hat Bill’s Man wohl jene Reserven gekostet, die ihm gegen einen bärenstarken Blé du Gers letztlich gefehlt haben. Sei’s drum und Hut ab vor diesem Franzosen. Er war im Paralympiatravet gut, im Harper Hanovers anständig, mag es aber wohl nicht mehr, über weite Wege Zulagen wettmachen zu müssen. Ich denke, er ist inzwischen auf der Mitteldistanz ideal aufgehoben.“
53. Oslo Grand Prix (Gruppe I int., 3- bis 14jährige)
2100m Autostart, 1.075.000 NKR
1. Blé du Gers 12,5 Åsbjörn Tengsareid 288
10j.br. Wallach von Quinoa du Gers a.d. Mooréa von Baccara du Pont
Be: Jean-Michel Rancoule; Zü: Marie-Brigitte Anty; Tr: Frode Hamre
2. Bill’s Man 12,6 Frode Hamre 41
3. Dragster 12,9 Tom Erik Solberg 86
4. Ferrari B.R. 12,9 Per Oleg Midtfjeld 90
5. Vitruvio 13,0 Lars-Anvar Kolle 84
6. Rushmore Face 13,0 Bo Westergaard 303
7. Floris Baldwin 13,5 Kristian Malmin 66
8. Guzz Mearas 14,7g Dag-Sveinung Dalen 73
9. Viking Va Bene agh. Eirik Höitomt 317
Hickothepooh dis.r. Vidar Hop 48
Sieg: 288; Richter: leicht 2 - 2 - Hals - 1 - 1 - 4½ Längen; 10 liefen
Zw-Zeiten: 07,9/500m - 13,3/1000m - 10,1/letzte 500m
Wert: 550.000 - 250.000 - 125.000 - 75.000 - 50.000 - 25.000 NKR