(nn) Vincennes, Samstag, 8. Januar 2022. Nicht zu viel versprochen hatte Altmeister Joël Hallais sich und den anderen, was den Auftritt seiner Hirondelle du Rib im Prix Emile Riotteau für die 2016 zur Welt gekommene Monté-Elite betraf.
Der 74-jährige, der das in 15 Tagen anstehende wertvollste Trabreiten der Welt als Trainer seit 1981 - damals mit dem legendären Kaiser Trot - achtmal auf seine Kappe gebracht hat, hatte dieses internationale Reiten als Nagelprobe ausgerufen, ob die von ihm selbst gezüchtete „Schwalbe“ für den Klassiker gut genug sei. Die Tochter Rolling d’Hériprés und ihr Standardreiter Jean-Loïc Claude Dersoir beantworteten die Frage mit einem eindeutigen „Ja“ - ohne „wenn und aber“ trotz eines behäbigen Beginns, den sie sich so nicht wird leisten können, soll es gegen die ältere Konkurrenz am 23. Januar an die fetten Prämien gehen.
Auf durch ständigen Nieselregen schwer bespielbarem, pitschnassem Geläuf meldete sich nach zwei Fehlstarts Franck Leblancs extrem launische Diva Hopla des Louanges zeitig im Galopp ab, während Bolero Gar, der als einziger „Fremdling“ jüngst über die Sprintstrecke mit einem 1:11,3-Erfolg in diesem Gewerbe geglänzt hatte, sofort an die Spitze schoss. Lange hielt es der von seinen bei einem Überfall im Oktober erlittenen Verletzungen genesene und nun auch wieder in den Sattel steigende Yoann Lebourgeois dahinter jedoch nicht aus.
Kurz vor Erreichen des Bogens von Joinville scheuchte er Héros du Fleur bei einer Fahrt im hohen 1:13er Bereich in Front, und allmählich rückte auch Hallais‘ großrahmige Stute in vordere Gefilde, die dafür in dem auf diesem Niveau noch nie präsenten He and Me eine exzellente Lokomotive bekam.
800 Meter vorm Ziel war es mit Dersoirs Zurückhaltung vorbei. In dritter Spur trat Hirondelle du Rib enorm kraftvoll an, raufte sich an He and Me vorbei zu Héros de Fleur vor, ließ auch den machtvoll links liegen, bog mit drei Längen Vorsprung auf die Zielgerade und gab davon erst ganz zum Schluss ein paar Meter her, als ihr Reitersmann die Zügel gewaltig schleifen ließ, weil ihr neunter Treffer aus 28 Versuchen längst bombensicher unter Dach und Fach war.
Wie so oft in der Vergangenheit zeigte sich das französische Rennsystem, das auch Fünfjährigen Jahrgangsschutz gewährt, für He and Me von seiner besten Seite: Der Bird-Parker-Sohn, erst am 26. November mit einem überzeugenden Treffer auf C-Niveau ins Satteltraben gestartet, überzeugte mit tollem Durchzug zum Ehrenplatz und könnte durchaus eine Bereicherung der Szenerie werden.
Weil die mit viel Schwung aus dem Hintertreffen heransprintende Haziella d’Amour sich 80 Meter vorm Ziel verhaspelte - Mitte der Zielgeraden hatte sich bereits Haziella d‘Amour in der falschen Gangart ausgeschaltet -, gab‘s für Héros de Fleur doch noch Blumen für Rang drei knapp vor Historiola und Harley de Charentaise, die versucht hatte, sich bei Hirondelle du Ribs gewaltigem Vorstoß so gut es ging anzukoppeln. Wenig Feuer entfachte der jüngst so dominierende Bolero Gar, der im dichten Pulk lediglich Platz sechs ergatterte.
„Abwarten und Tee trinken“ lautet die Devise, ob Joël Hallais seiner Stute den Prix de Cornulier aufdrückt: „Das werde ich in den nächsten Tagen ganz kühl überlegen. Ein bisschen Zeit ist ja noch. Auf jeden Fall hat sie mir heute prächtig gefallen und all das gezeigt, was ich erwartet habe. Im Grunde hat sie nur einmal wirklich versagt - und das war am 12. Dezember im Fahren, in dem sie ohnehin nicht so dominant ist.“
Prix Emile Riotteau - Monté - (Gruppe II int., fünfj. Hengste & Stuten)
2700m Bänderstart o.Z.; 120.000 Euro
1. Hirondelle du Rib 13,7 Jean-Loïc Claude Dersoir 24
4j.br. Stute von Rolling d‘Héripré a.d. Anemone du Rib von Otello Pierji
Be / Zü: Ecurie Rib (Joël Hallais); Tr: Joël Hallais
2. He and Me 13,7 Eric Raffin 36
3. Héros de Fleur 14,0 Yoann Lebourgeois 220
4. Historiola 14,1 Mathieu Mottier 110
5. Harley Charentaise 14,1 Adrien Lamy 320
6. Bolero Gar 14,1 Paul-Philippe Ploquin 60
7. Hope on Victory 14,9 Benjamin Rochard 1110
8. Heartbreaker One 16,1 Léo Abrivard 630
9. Hudson Védaquais 30,8g Gaylor Monnier 1470
Hopla des Louanges dis.r. Anthony Barrier 210
Haziella d’Amour dis.r. Alexandre Abrivard 120
Hispanien dis.r. Alexis Collette 630
Sieg: 24; Richter: leicht 1¼ - 4 - ½ - k.Kopf - ½ Länge; 12 liefen
Zw-Zeiten: 13,9/1200m - 13,8/1700m - 14,0/2200m
Wert: 54.000 - 30.000 - 16.800 - 9.600 - 6.000 - 2.400 - 1.200 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2022-01-08/7500/4
Ewige Zweite punktet
Weit weniger Spaß als mit Hirondelle du Rib hatten die „turfistes“ eine halbe Stunde später im Prix Gélinotte an Jamaïca Turbo. Im zweiten Halbklassiker des trüben Nachmittags war die bei drei Ausfahrten noch unbezwungene Charly-du-Noyer-Tochter nicht wiederzuerkennen gegenüber ihrem Erfolg an Heiligabend, als sie den Prix Une de Mai, das erste Gruppe-II-Match ihrer Generation über die Sprintstecke von 2.175 Meter, locker eingeklinkt hatte.
Obwohl sie über 2.700 Meter reichlich Zeit gehabt hätte, in Tritt zu kommen, sprang sie sofort unwillig, war von François Lagadeuc überhaupt nicht zur Räson zu bringen und heraus, kaum dass der Startschuss verhallt war. Aus dem breiten Führungs-Vierkampf zog sich ganz außen Jazzy Perrine als Erste zurück - und musste dafür mit der Lage als äußere Anführerin vor Jérusalem und Jet Set Bond leben.
Der Part der Tempomacherin fiel Jocosa vor Danish Melody, Junon und Judith Reine zu, den sie bis auf eine extrem lange Rochade durch den Joinviller Bogen mit der Italienerin bis zur letzten Ecke behielt, wo die Räuberinnen kamen. Sah es dort schwer nach Jet Set Bond aus, die Jean-Michel Bazire über Spur drei vielleicht etwas zu wuchtig einsetzte - die Siegerin des Prix Marcel Dejean vom 29. Oktober, der ersten Gruppe-III-Aufgabe der damals noch zweijährigen „jungen Damen“, kam kräftig aus dem Takt, wurde vom „Maître“ meisterhaft abgefangen und mischte sich noch mal kräftig ein -, so nutzte Jazzy Perrine diesen Patzer gnadenlos.
Ruckzuck war Eric Raffin mit der Fuchsschimmelstute aus dem Windschatten der sie ab 900 Meter vorm Pfosten durch Spur zwei ziehenden Danish Melody vorbei und konnte mit der enorm zuverlässigen Django-Riff-Tochter, die in allen drei bisherigen Gruppe-Aufgaben auf dem Ehrenplatz gelandet war, endlich den ersten Volltreffer auf dieser Ebene buchen. Ihren Status als bisher Reichste ihrer Generation baute sie damit deutlich auf 149.250 Euro aus.
Weit außen sprintete Jérusalem, die am Berg kurzfristig aus dem Tritt gekommen war und eine Position eingebüßt hatte, in toller Manier auf Rang zwei vor Jet Set Bond, die ohne ihren Aussetzer der Siegerin vermutlich kräftig auf den Zahn gefühlt hätte. Wo Danish Melody, Siegerin der „Filly“-Abteilung des Gran Premio MIPAAF zu Rom am 20. November, im Vergleich zu ihren französischen Altersgefährtinnen steht, bekam Besitzer Philippe Allaire deutlich vor Augen geführt.
Mehr als Platz sieben war für die kleine Schwester von Beautiful Colibri und Callmethebreeze, die ebenfalls Allaires weiß-weinrote Farben tragen, nach dem semi-offensiven Vortrag über die ungewohnt weite Strecke nicht drin, obwohl dies und der Bänderstart nach der Prognose ihres optimistischen Mentors für sie kein Problem hätte darstellen sollen.
Natürlich war Trainer Tomas Malmqvist, der seine französische Zweigstelle auf der Farm von Jazzy Perrines noch gar nicht so lange im Trabersport heimischem Besitzer aufgeschlagen hat, hochzufrieden: „Das hat sie sich redlich verdient - schließlich war sie noch nie schlechter als Zweite und heute unglaublich stark und einsatzfreudig. Momentan ist sie jedenfalls die Beste im Jahrgang. Selbstverständlich wird’s nicht leichter, aber mit ihrem Stil, ihrer Moral sollte das nicht der letzte Erfolg auf diesem Niveau gewesen sein“, legte der in Jägersro lizensierte 53-jährige nach.
Prix Gélinotte (Gruppe II int., dreij. Stuten)
2700m Bänderstart o.Z.; 120.000 Euro
1. Jazzy Perrine 17,4 Eric Raffin 60
3j. Fuchsschimmelstute von Django Riff a.d. Trendy Perrine von Goetmals Wood
Be: Ecurie Hunter Valley (Matthieu Millet); Zü: Jean-François Mary; Tr: Tomas Malmqvist
2. Jérusalem 17,5 Franck Nivard 220
3. Jet Set Bond 17,6 Jean-Michel Bazire 51
4. Judith Reine 17,6 Björn Goop 520
5. Jocosa 17,6 Thierry Duvaldestin 220
6. Junon 17,7 William Bigeon 580
7. Danish Melody 17,8 Andrea Guzzinati 100
8. Java des Toues 18,1 Gabriel Angel Pou Pou 980
Danza dei Venti dis.r. Gabriele Gelormini 520
Jamaïca Turbo dis.r. François Lagadeuc 17
Sieg: 60; Richter: leicht 1½ - ¾ - Hals - ½ - 1 - 2 Längen; 10 liefen (NS Just Love You)
Zw-Zeiten: 18,3/1200m - 18,3/1700m - 18,7/2200m
Wert: 54.000 - 30.000 - 16.800 - 9.600 - 6.000 - 2.400 - 1.200 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2022-01-08/7500/5