Solvalla, Samstag, 5. Februar 2022. Die Vorentscheidung im wichtigsten Match des ersten V75-Final-Tages der Saison 2022 schien auf „världens största travbana“ früh gefallen.
In der an Bulwark, einen der Heroen des in den 1930er Jahren noch in den Anfängen steckenden schwedischen Trabrennsports, erinnernden Gulddivisionen um satte 636.000 SEK kam der vor drei Wochen so imponierend in Gävle siegeiche Global Adventure an der „1“ blendend ab.
Keine Chance für Startrakete Disco Volante (6), ihn um die Spitze auszutanzen oder in eine Galoppade zu treiben, und so begnügte sich Ulf Ohlsson, den Melander-Trainee hinter den Abenteurer und vor Niky Flax, Nappa Scar sowie die Longshots Queer Fish und Candor Hall an die Innenkante zu quetschen und auf zügiges Tempo zu hoffen. Doch mitnichten.
Örjan Kihlström als erster „Todesspurler“ hatte kein Interesse, dem Favoriten auf den Zahn zu fühlen, und auch Spickleback Face, der ihn nach 700 Meter auf dem ungeliebten Sitz ablöste, gab nur den Begleiter. Und weil Per Oleg Midtfjeld nach einer Runde die Idee hatte, den superlangsamen Beginner Blé du Gers bei äußerst schleppender Pace in dritter Spur ein wenig treten zu lassen, sah es für den die rote Außenlaterne tragenden Milligan’s School nicht gerade günstig aus.
Weg kam der beinharte, in Norwegen von Frode Hamre trainierte Franzose aus der dritten „Scheibe“ fortan nicht mehr und schien nach diesem Teufelsritt in der letzten Biege am Ende seiner Kräfte. Doch „nicht mit mir“, schien sich der Elfjährige beim 105. Start zu denken, nahm das Gebiss noch mal zwischen die Zähne und legte ein Finish hin, das seine eiserne Härte, aber auch die ganze Kalamität all dessen, was sich derzeit in Schwedens oberster Liga tummelt, offenbarte.
Global Adventure packte trotz des Trips, bei dem alles nach seiner Façon lief, ganz schnell seine Siebensachen, wurde bis zum letzten Platz durchgereicht und stellte für Disco Volante und vor allem Niky Flax einen Prellbock dar. Hätte er nur 40 Meter weiter durchgehalten, hätte Per Lennartsson nicht mehr rechtzeitig die Lücke erwischt, um Hazard Boko zwischen dem krass enttäuschenden Båth-Schützling und Vordermann Spickleback Face durchzuschlängeln.
In einem Finale furioso entschieden ein paar Zentimeter für ihn und gegen den moralischen Sieger Blé du Gers, „mit dem ich losfahren musste. Er ist eher der Typ Dauerläufer denn eine Speedrakete, und es ging zu jenem Zeitpunkt derart betulich zu, dass er keine Chance gehabt hätte, auf den letzten 400 Metern von ganz hinten nach vorn zu kommen“, wie Midtfjeld seine Taktik begründete, den Wallach auf so weiten Wegen strampeln zu lassen.
Wie recht er hatte, zeigte sich an Milligan’s School, der als Schlusslicht zwar gut auf Touren, aber eben nur auf Platz fünf kam. Für Lennartsson war’s ein Tag in Samt und Seide, denn mit 300.000 SEK strich Hazard Boko für den 14. Volltreffer den größten Scheck „ever“ ein, und sein zweiter Schützling Nappa Scar holte Platz vier.
Ein Ruhmesblatt für Schwedens Trabrennsportler war’s nicht, die mit Blick auf die Ergebnisse im Pariser Winter-Meeting extrem schwere Zeiten durchmachen, was das oberste Niveau betrifft. Aus ihren Reihen hatte es allein Power in den Amérique geschafft - nicht sportlich, sondern nach Gewinnsumme - und im schwersten Trabrennen der Welt ein klägliches Bild geboten. Die stolzen Tre Kronors kommen derzeit mächtig gerupft daher, was echte Champions betrifft…
Bulwarks Lopp - Gulddivisionen - Finale (int.)
2640m Autostart, 636.000 SEK
1. Hazard Boko 13,6 Per Lennartsson 65
8j.br. Hengst von SJ’s Caviar a.d. Quail Ridge von Smasher
Be: Anders Bäcke; Zü: Boko Stables Holland BV; Tr: Per Lennartsson
2. Blé du Gers 13,6 Per-Oleg Midtfjeld 51
3. Spickleback Face 13,8 Daniel Wäjersten 282
4. Nappa Scar 13,8 Rikard Skoglund 450
5. Milligan’s School 13,9 Ulf Eriksson 155
6. Remarkable Feet 13,9 Örjan Kihlström 195
7. Lucifer Lane 14,0 Johan Nilsson 106
8. Disco Volante 14,0 Ulf Ohlsson 57
9. Candor Hall 14,1 Torbjörn Jansson 1156
10. Queer Fish 14,2 Mats Djuse 960
11. Niky Flax 14,3 Peter Untersteiner 480
12. Global Adventure 15,0 Erik Adielsson 28
Sieg: 65; Richter: Kampf k.Kopf - 1¼ - k.Kopf - 1 - Kopf - ½ Länge; 12 liefen
Zw-Zeiten: 09,7/500m - 13,9/1000m - 13,9/1500m - 14,2/letzte 500m
Wert: 300.000 - 150.000 - 80.000 - 45.000 - 27.000 - 18.000 - 10.000 - 6.000 SEK
Piemonte außen rum brillant
Viel Cash gab’s fürs Gestüt Lasbek durch den schwedisch registrierten Piemonte, der seine ersten Brötchen in Deutschland unter den Fittichen von Josef Franzl verdient hat und glattgehend im Alltagsgeschäft kaum mal zu boxen war. Den neunten Sieg der Karriere und dritten unter der neuen Regie von Joakim Lövgren landete der in der Klass II an der „4“ schwach beginnende Trixton-Sohn mit einem Marsch durch die Todesspur, bei dem ihn weder Fenix Brick (II.) noch Tempomacher Immigrant Am (III.) aufzuhalten vermochten.
Nach 1:14,5/2140m klingelten 220.000 Kronen (20.990 Euro) in der Kasse des fünfjährigen Wallachs, der insgesamt 555.638 SEK eingetrabt hat und demnächst sein Glück eine Klasse höher wird versuchen müssen.
Dass er dies locker kann, davon ist Lövgren rundum überzeugt: „Er war schon gut, als er bei mir ankam, und hat sich an die Gegebenheiten in Schweden rasch gewöhnt. Die lange Anreise hat ihm nichts ausgemacht, er war vorm und im Rennen völlig entspannt. Er hat diesen raumgreifenden, ökonomischen Schritt, bei dem man ohne Blick auf die Uhr gar nicht merkt, wie schnell er ist. Seine Kapazitäten sind noch lange nicht ausgeschöpft.“
Ihren dritten Sieg hatte sich It’s a Girl, der als Vollschwester von Bold Eagle größte Hoffnungen gelten, nach etlichen zweiten und dritten Plätzen fürs Finale der Diamant-Stoet aufgespart, wofür ihr frühe Galoppaden der mit 40 Meter Zulage bedachten Quarcia (42:10) und von Bandgefährtin Vilja T.Y.C. (37) bestens in die Karten spielten.
Von Adrian Kolgjini umgehend nach vorn gescheucht, hielt sie eine Länge Vorsprung sicher fest und machte beim zehnten Engagement mit 220.000 Kronen die größte Kasse ihrer Karriere. Das Konto der Vierjährigen steht bei im Vergleich zu ihrem prominenten Bruder überschaubaren 462.000 Kronen.
V75-1 (Silver): Beartime / Carl Johan Jepson 160
V75-2 (Klass II): Piemonte / Joakim Lövgren 16
V75-3 (4j. H & W): Vinci Nice / Örjan Kihlström 136
V75-4 (Diam-Sto): It’s a Girl / Adrian Kolgjini 58
V75-5 (Klass I): Amalencius B.B. / Örjan Kihlström 15
V75-6 (Guld): Hazard Boko / Per Lennartsson 65
V75-7 (Brons): Champ Lane / Örjan Kihlström 22
Umsatz V75: 110.898.826 SEK
1. Rang: 1.926 Systeme à 14.967 SEK
2. Rang: 147 SEK
3. Rang: 15 SEK
Umsatz Top-7 (Klass I): 1.898.824 SEK
Lockeres Spiel für Racing Brodda
Einiges los war vor der V75-Serie. So stritten zum Auftakt neun Stuten in der mit 480.000 SEK bedienten Sto-Eliten erstmals zu Ehren von Conrads Rödluva, Daniel Redéns erstem Traber, den er von klein auf geformt hat. In nur drei Jahren sammelte „Rotkäppchen“ 18 Siege und 11.119.000 SEK und verabschiedete sich im Vorjahr nach 29 Starts mit einem Rekord von 1:09,7 in die exquisite Mutterstutenherde des Stalles Zet.
Zu solch einem Einkommen wird sich Racing Brodda vermutlich nicht mehr aufschwingen können, die mit ihrem 14. Sieg „lifetime“ und den dafür bezahlten 220.000 SEK die Sieben-Millionen-Grenze knackte und nun bei 7.083.750 Kronen rangiert. Für die kapitale Prodigious-Tochter lief’s optimal. Von der „5“ hatte sie zwar gegen Betting Pacer und Madelen L.T.C. keine Chance, unmittelbar die Führung zu ergattern.
Nach einigem Hin und Her begnügte sich „Madelen“ in der höllischen Anfangsphase mit dem Platz im Windschatten Betting Pacers, hinter der Kim Eriksson nach 700 Metern förmlich auf die 15:10-Favoritin wartete. Rikard Skoglund verstand den Wink wohl, schickte die Siebenjährige zur Attacke und saß nach einer Runde auf dem Regiestuhl. Seine Braune joggte 1.100 Meter weiter genauso entspannt nach Hause, wie sie sich vor dem Start gegeben hatte. Platz drei und 62.000 Kronen gingen an Devs Daffodil, mit der Conrad Lugauer für die Schlussrunde das rund 30 Meter betragende Loch zum Spitzentrio zugefahren hatte.
Conrads Rödluvas Lopp - Sto-Eliten - (int., Stuten ab dreijährig, mind. 500.001 SEK)
2140m Autostart, 480.000 SEK
1. Racing Brodda 13,8 Rikard Skoglund 15
7j.dklbr. Stute von Prodigious a.d. Ronda Brick von Super Arnie
Be: Easy KB; Zü: Brodda Stuteri AB; Tr: Mattias Djuse
2. Betting Pacer 14,0 Kim Eriksson 355
3. Devs Daffodil 14,4 Conrad Lugauer 248
4. Florist 14,7 Kevin Oscarsson 522
5. Madelen L.T.C. 14,7 Magnus Djuse 55
6. Beauty Wind 14,8 Carl Johan Jepson 481
7. Aperfecttric 15,2 Marcus Lilius 1303
8. Barbro Kronos 15,4g Erik Adielsson 63
Dixie Brick dis.r. Jorma Kontio 129
Sieg: 15; Richter: leicht 1½ - 4 - 2½ - ½ - 1 Länge; 9 liefen
Zw-Zeiten: 09,2/500m - 12,5/1000m - 14,1/1500m - 12,7/letzte 500m
Wert: 220.000 - 110.000 - 62.000 - 35.000 - 22.000 - 15.000 - 10.000 - 6.000 SEK
Am meisten Schütte für die Besitzer gab’s in der ersten Runde von Margaretas Tidinga Unghästserie. In der vor einigen Jahren von Margareta Wallenius-Kleberg, Chefin der seit Jahrzehnten an der Spitze der schwedischen Züchter residierenden Menhammar Stuteri, und Svensk Travsport ins Leben gerufenen Serie für schwedische Drei- und Vierjährige ging’s über 2.140 Meter um viermal 600.000 Kronen, davon 300.000 SEK für die Sieger.
Bei den Dreijährigen durften alle teilnehmen, bei der Generation 2018 die Kandidaten maximal 250.000 Kronen verdient haben. Weitere Aufgaben um identische Prämiensummen warten - jeweils in Solvalla - am 26. März, 4. Mai und 5. Juli, dann zu etwas veränderten Konditionen.
Der erste Ruf galt den dreijährigen Ladys, bei denen der Einlauf, was die Väter der ersten Drei betrifft, „Maharajah vor Readly Express und SJ’s Caviar (durch Diva Vendil)“ lautete und der in ein mitreißendes Rad-an-Rad-Finish zwischen der durch die Todesspur dampfenden Escada und der 800 Meter vorm Ziel in Spur drei beorderten Kayla Westwood mündete.
Erst das Zielfoto offenbarte den minimalen Vorteil, den die von Magnus Djuse für seinen Bruder Mattias vorgetragene Fuchsstute mit dem letzten Schritt herausholte und mit ihrem vierten Sieg aus fünf Engagements ihr Guthaben auf 540.000 SEK aufstockte. Wenig hatte am Ende die zweijährig auf hohem Niveau getanzte gebürtige Lasbekerin Sommerbrise zu bieten, die ruckzuck das Kommando an sich riss, auf der Zielgeraden aber nur ein laues Lüftchen war und gerade mal Platz fünf und 27.000 Kronen festhielt.
Mit bloßem Auge auszumachen war bei den Stuten der Generation 2018 der zweite Karriere-Treffer Bravo Unitas, mit der sich Marcus Lilius an dritter Position innen versteckt hatte. Auf der Zielgeraden verschlug es die Panne-de-Moteur-Tochter, die bislang 191.300 Kronen verdient hatte und in Gävle von Jessica Simpsson vorbereitet wird, bis in Spur vier, wo sie Cheri Cheri Lady (von Sahara Dynamite) um einen „Kopf“ abfing und auch dem gut getimten Endspurt der sich noch weiter außen ins Zeug legenden Mercedes Hall (von Uncle Lasse) um eine halbe Länge widerstand.
Platz vier und 45.000 Kronen blieben Gabriele Pohlmanns Filippa B.J., die ihre Zelte seit Oktober bei Sybille Tinter aufgeschlagen hat.
Für den letzten Programmpunkt vor der Königswette waren die dreijährigen Hengste und Wallache zuständig. Bedazzled Sox korrigierte seine jüngste und einzige Niederlage gegen Trainingsgefährte Coquaholy in bestechender Manier, obwohl der erste Griff nach dem Kommando von der „7“ misslang. Aus dritter Position gelang der zweite nach 700 Metern umso besser, und der Rest war für den wie immer von Torbjörn Jansson für Roger Walmann chauffierten Brillantissime-Sohn reine Spielerei.
Als er zu Beginn des Einlaufs ein kleines Fass aufmachte, stand die Konkurrenz, von der sich Erwin Bots Marinho Boko mit Jaap van Rijn aus dem zweiten Paar außen am besten hielt, auf verlorenem Posten. Überlegen 3½ Längen voraus machte der Vertreter des SRF Stable aus 285.000 Kronen nach 1:15,9 deren 585.000 und hat nun von fünf Versuchen vier als Klassenbester beendet.
Sein einziger Bezwinger Coquaholy (8), von Örjan Kihlström sofort nach hinten beordert, hatte nie einen Moment und landete auf Rang acht. Marinho Boko, in Deutschland als Zweiter des Jugend-Preis zu Smart Hill As bekannt, rannte der Gerrits Recycling Group 150.000 Kronen ein, womit er seinen Kontostand auf 273.514 Kronen mehr als verdoppelte.
Wie schwer der Vergleich der 2018 zur Welt gekommenen „Jungs“, der bereits zur V75-Serie gehörte, zu lesen war, erhellt daraus, dass der bei fünf Auftritten im Tagesgeschäft bislang unbezwungene Parveny für 41:10 als Favorit abging, was sicherlich auch der miserablen Startnummer „12“ geschuldet war. Zugriff auf die Vorderen bekam der Parvenü erst viel zu spät.
Das Pensum exzellent eingeteilt hatte Örjan Kihlström dem ihm von Johan Untersteiner an die Hand gegebenen Vinci Nice, für den im dritten Paar innen die Ampel rechtzeitig auf „Grün“ sprang. Mit dem Maharajah-Sohn aus einer Ready-Cash-Mutter fischte er Taktgeber Icon Mearas die 300.000 Kronen um eine halbe Länge vor der Nase weg und bescherte seinem Partner den fünften Sieg aus elf Auftritten für 136:10.
Parveny konnte auf weiten Wegen durch den Schlussbogen nichts mehr retten und belegte als Siebenter den ersten brotlosen Rang.