(nn) Mons / Ghlin, Sonntag, 1. August 2021. Dieser Typ ist wirklich durch nichts zu erschüttern. Mit geradezu entwaffnender Selbstverständlichkeit gelang dem derzeit besten aktiven Traber weltweit die Titelverteidigung: Im Grand Prix de Wallonie, Belgiens einziger Prüfung der höchsten Kategorie I, war die Startphase noch die größte Hürde für Face Time Bourbon auf seinem schnurgerade vorgezeichneten, 2300 Meter langen Weg zum 33. Sieg.
Eine Startrakete ist er (noch) nicht, und die „1“ hat sich schon für manchen zu einem Gefängnis entwickelt, aus dem es schwerlich ein Entrinnen gibt. Dazu kam - ein Novum in der Geschichte des Rennens - der Start durch Anfahren, weil durch vorherige Regengüsse die Piste so schlüpfrig geworden war, dass zwar die Pferde, nicht aber der Startwagen den nötigen „Grip“ hatten. Das klappte so vorbildlich, als ob das Auto vorneweg fahren würde.
Im Dreikampf zwischen Cicero Noa, der knurrigen Rebella Matters und Drôle de Jet setzte sich im ersten Bogen Pierre Vercruysse‘ Kurzstreckenspezialist durch, denen Cyriel d’Atom und Dayan Winner folgten. Und Face Time Bourbon? Dem verlangte Eric Raffin auf dem glitschigen Untergrund nicht allzu viel ab, lancierte ihn auch dank gütiger Mithilfe von Trainingskamerad Et Voilà de Muze, der aus zweiter Startreihe sozusagen die Tür offen hielt, hinter Féerie Wood und Ce Bello Romain in Spur zwei - und schritt Ende der ersten Überseite zur Tat.
In dritter Linie schmetterte „FTB“ durch den zweiten Bogen, traf selbstredend weder bei Féerie Wood noch Drôle de Jet auf nennenswerten Widerstand und war längst vorn, als es an der Startstelle vorbeiging. Damit war die Messe praktisch zugunsten des Ultra-Favoriten gesungen, vor dem der Rest erstarrte wie das Kaninchen vor der Schlange.
Positionsverschiebungen waren auf den folgenden 800 Metern Fehlanzeige, sieht man davon ab, dass Jules van den Putte Schlusslicht Cyriel d’Atom - vermutlich aus „Werbezwecken“ - einen Ausflug in Spur drei verpasste, der den Fuchs letztlich dahin expedierte, wo er losgestiefelt war - ans Ende. Raffin wartete bis ausgangs der Schlussbiege und gab seinem Crack dann den Kopf frei. Im Nu schnellte der vom Rest weg und baute mit einem jubelnden Chauffeur den Vorsprung bis zum Pfosten auf volle sechs Längen aus.
Die Siegzeit von 1:13,1 war bei dieser sehr gut bezahlten Trainingseinheit auf die nächste Aufgabe, den Gran Premio della Lotteria zu Antonio Sommas Heimatstadt Neapel, zumal bei diesen unwirtlichen Bedingungen nur eine Marginalie fürs Geschichtsbuch; im Vorjahr bei Bold Eagles Abschied von den Rennbühnen dieser Welt war er volle 2,1 Sekunden zügiger unterwegs gewesen.
Interessant war allein der Kampf um die besseren Prämien, für den Féerie Wood, durchweg mit der Nase im äußeren Fahrtwind aktiv, keine sonderliche Lust verspürte. Wie erwartet schlug Ce Bello Romain, bei dem das Umsäbeln am 11. Juli in La Capelle durch Davidson du Pont weder körperlichen noch mentalen Schaden verursacht hatte, als Zweiter an und unterstrich damit die hervorragenden Verfassung der letzten Monate.
Ebenfalls streng nach Form holte sich die Jos Verbeeck angediente Rebella Matters den niedrigsten Stockerl-Platz. Und Trainer Sébastien Guarato wurde für sein Engagement, Face Time Bourbon Dayan Winner und Et Voilà de Muze als Reisegefährten mitzugeben, mit Platz vier für den Royal-Dream-Sohn belohnt.
Mit den im schlanken Gang hinzugekommenen 57.600 Euro machte „FTB“ die dritte Million rund: Genau 3.051.540 Euro prangen auf seinem Konto - nur eine Zwischenstation auf dem Weg des auch mental ungemein starken, körperlich unscheinbaren braunen Bombers auf dem Weg zum gewinnreichsten Traber aller Zeiten, Gesundheit vorausgesetzt.
„Es lief alles wie am Schnürchen. Ich wusste, dass Pierre kein Interesse hatte gegenzuhalten, wenn ich kommen würde. Nachdem ich vorn war, hab ich’s wirklich genossen. Solche Momente muss man auskosten. Es ist ein Privileg, solch ein Pferd steuern zu dürfen - dazu muss man keine fahrerische Größe sein. Danke, Face Time“, wusste Frankreichs Champion ganz genau, wem an diesem verregneten Nachmittag die Blumen in erster Linie gebührten.
Grand Prix de Wallonie (Gruppe I int.)
2300 Meter Autostart, 144.000 Euro
1. Face Time Bourbon 13,1 Eric Raffin 11*
6j.dklbr. Hengst von Ready Cash a.d. Vita Bourbon von Love You
Be: Scud. Bivans Srl, IT (Antonio Somma); Zü: SARL Haras Saint Martin (Rainer Engelke); Tr: Sébastien Guarato
2. Ce Bello Romain 13,6 Anthony Barrier 300
3. Rebella Matters 13,7 Joseph Verbeeck 450
4. Et Voilà de Muze 13,8 Piet van Pollaert 990
5. Cicero Noa 13,9 Nico d’Haenens 1300
6. Féerie Wood 14,2 Alexandre Abrivard 240
7. Drôle de Jet 14,2 Pierre Vercruysse 630
8. Dayan Winner 14,3 Hugues Monthulé 1300
9. Cyriel d’Atom 15,0 Jules van den Putte jr 990*
*alle Quoten von PMU Frankreich
Sieg: 11; Richter: überlegen 6 - 1½ - 1 - 1 - 3 - 1 - 1 - 7½ Längen; 9 liefen (NS Black Jack From)
Wert: 57.600 - 28.800 - 12.000 - 9.600 - 6.000 - 3.600 - 2.400 sowie 24.000 Euro Züchterprämie