Vincennes, Samstag, 9. April 2022. Wächst da ein neues Dream-Team zusammen? Warum Bertrand Le Beller seinem drei Jahre älteren Bruder Diable de Vauvert so selten anvertraut hat, ist nicht bekannt. Am 27. Februar hatten die Beiden bei der sechsten gemeinsamen der sporadischen Ausfahrten - der dritten in Folge - ihr Meisterstück vollbracht und den Prix de Paris mit dem letzten Seufzer gegen Etonnant an ihre Fahne geheftet.
Beim ersten Auftritt nach diesem Gruppe-I-Coup - für beide der erste in Frankreich - klingelte nach einer an Jean Riaud und seinen Jamin erinnernden 90.000-Euro-Prüfung erneut der höchste Scheck in des Schwarzbraunen Kasse, der mit seinem 15. Volltreffer aus 71 Versuchen die Million vollmachte: Mit 1.006.190 Euro wird er das nächste Mal in den Ring steigen, der nach Lage der Dinge in Enghien am 23. April der Prix de l’Atlantique sein dürfte.
Dass ein frischer Sieger für 213:10 an den Ablauf kommt, ist selbst in Frankreich eher die Ausnahme denn die Regel. Das lag auch daran, dass Cleangame, der so oft selbst 50 Meter Zulage mit irrem Aufwand klaglos wettgemacht hat, für seinen allseits erwarteten 42. Triumph bei nur einer Zulage, die außer ihm nur der „Teufel“ aus Le Bellers Entraînement vor der Brust hatte, bei 13:10 als Tipp des Tages galt.
Zudem hatte der „beste aktive Wallach der Welt“ mit Huwaga, Rebella Matters und Elie de Beaufour drei Trainingsgefährten als Knappen dabei, die ihm wenn schon nicht halfen, wenigstens keine taktischen Steine in den Weg legen sollten.
Es sah lange Zeit ganz danach aus, als solle sich Jean-Michel Bazire nach 2021 mit Dorgos de Guez auch diese Auflage ans Revers heften, obwohl Huwaga - gemeinsam mit Echo de Chanlecy - wie erwartet sofort im Hintertreffen verschwand und von dort nie mehr auftauchte. Den Start bekam der Ouragan-de-Celland-Sohn bestens hin, war zügig dran am kleinen Pulk und machte - auch dies oft genug gesehen - vor der Tribüne in dritter Linie rasch Boden gut, wobei ihm Elie de Beaufour Windschatten spendierte.
Dann jedoch schien die Baziresche Taktik ein wenig aus dem Ruder zu laufen, obwohl die von Alain Laurent mal wieder auf Offensive gepolte Chica de Joudes zu Beginn des Joinviller Bogens Elie die Führung des zweiten Zugs überließ. Der biss sich am früh in Front gedüsten Fakir du Lorault die Zähne aus und ließ auch Cleangame nicht vorbei, der seinerseits durch die gesamte untere Kurve in dritter Spurt ackern musste, bis er am Fuß des Anstiegs endlich neben dem wackeren Tempomacher auftauchte.
Hinter dem Vaillant-Cash-Sohn dachte François Lecanu in einer Art Majestätsbeleidigung keinen Augenblick daran, vor dem König zu kuschen, als der zum heißen Tanz den Gipfel hinauf bat. Im zweiten Zugriff an der Einmündung der kleinen Bahn kam der Dauerläufer par excellence ebenso wenig vorbei wie ausgangs der Schlusskurve. Es zeigte sich, dass die vielen immens harten (Zulage-)Schlachten Stückchen um Stückchen von der einst so brillanten Verfassung abgeknabbert hatten.
180 Meter vorm Pfosten warf der Favorit das Handtuch im Galopp. Das unverändert hohe Tempo war Wasser auf die Mühlen all jener Speedpferde, die sich den Kampf der Giganten aus der Deckung in aller Seelenruhe hatten ansehen können. Am nun verständlicherweise etwas nachgebenden Fakir saugte sich innen die wieder mit Lieblingsfahrer Christophe Martens liierte Rebella Matters vorbei, außen wetzten Ce Bello Romain und Gu d’Héripré die Messer zur Entscheidungsschlacht, bei der es um Zentimeter ging.
Über allen thronte jedoch Diable de Vauvert, der lange das Schlusslicht des zweiten Gleises gebildet hatte. Tony Le Beller hatte die grandiosen Idee, es im Schlussbogen innen hinter Chica de Joudes zu versuchen, und nach Cleangames Aussetzer freie Fahrt. Die nutzte der Prince-d’Espace-Sohn weidlich zu einem wahren Überflug, bei dem sein Pilot nur staunender Passagier war: Vier Längen voraus schraubte er den Rennrekord auf gigantische 1:11,5.
„Ich bin baff - einen solchen Spurt (die letzten 200 Meter wurden für Diable in 1:04,9 gestoppt/Anm.d.Red.) hatte selbst ich nach diesem dank des enormen Tempos für uns perfekten Verlauf nicht erwartet. Stockholm ist fürs letzte Mai-Wochenende fest gebucht. Ich würde ja gern im Elitloppet fahren, doch mein Bruder ist darauf gar nicht heiß und hat den Harper Hanovers Lopp im Visier. Es liegt an mir, ob ich ihn überzeugen kann“, schmunzelte Tony glückselig.
Prix Jean Riaud (Prix Jamin) (Gruppe III int., Fünf- bis Zehnjährige)
2850m Bänderstart, 25m Zulage ab 950.000 Euro; 90.000 Euro
1. Diable de Vauvert 2875 11,5 Tony Le Beller 213
9j.schwbr. Hengst von Prince d‘Espace a.d. Pop Star von First de Retz
Be / Zü: Franck Lemuet; Tr: Bertrand Le Beller
2. Rebella Matters 2850 12,4 Christophe Martens 220
3. Gu d’Héripré 2850 12,4 Jean-Philippe Monclin 110
4. Ce Bello Romain 2850 12,4 Anthony Barrier 150
5. Fakir du Lorault 2850 12,4 François Lecanu 430
6. Chica de Joudes 2850 12,5 Alain Laurent 320
7. Elie de Beaufour 2850 12,7 Nicolas Bazire 76
8. Echo de Chanlecy 2850 14,1 Erric Gilles Blot 1710
9. Enino du Pommereux 2850 14,5 Sylvain Roger 1390
10. Huwaga 2850 15,1 Romain Congard 1750
Cleangame 2875 dis.r. Jean-Michel Bazire 13
Sieg: 213; Richter: überlegen 4 - k.Kopf - ½ - Kopf - 1½ - 2½ Längen; 11 liefen
Zw-Zeiten: 13,3/1350m - 12,1/1850m - 12,6/2350m
Wert: 40.500 - 22.500 - 12.600 - 7.200 - 4.500 - 1.800 - 900 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2022-04-09/7500/7
Feuerwerk nun auch im Monté
30.000 Euro mehr als im Prix Jean Riaud lagen für die „internationalen“, gleichwohl durchweg einheimischen Satteltraber auf dem 2.700 Meter weiten Weg des Prix Théophile Lallouet.
Seinen 2019 erstmals gewonnenen Titel wollte Clegs des Champs erneut verteidigen - 2020 war diese Prüfung dem Corona-Lockdown zum Opfer gefallen - und scheiterte an einem brillant aufgelegten Fire Cracker, der beim zweiten Versuch unterm Reiter, der wie bei der am 5. März mit einem Ehrenplatz abgeschlossenen Premiere Anthony Barrier hieß, in aus dem „Fahrsport“ sattsam bekannter Manier zuschlug.
Im „Attelé“ hatte der Quaro-Sohn, damals noch unter der Regie von Grégory Thorel, ein ums andere Mal mit Eric Raffin dank der Sturmläufe vorneweg 16 Mal obsiegt. Im Oktober 2021 zu Louis Baudron überstellt, war ihm kaum noch etwas gelungen, bis sein neuer Ausbilder Alain Henry Robin den Einfall hatte, es mit dem „Feuerwerker“ doch mal im Monté zu versuchen.
In dem schmalen Feld schnappte sich Gaëlle Godard mit der Ärmsten Edition Géma sofort vor Etoile de Bruyère und Diamant de Larré das Kommando und gab es nach 700 Metern an Fire Cracker her, der in gewohnter Manier vor der Tribüne über Spur drei angefegt kam. Rasch baute der Wallach im Höllentempo seinen Vorteil von 15 auf 30 Meter aus, was die Nachführarbeit in Spur zwei für Diamant de Tréabat vor Clegs des Champs und Chalimar de Guez nicht einfacher gestaltete.
Ausgangs der Schlusskurve verkürzten die Verfolger, von denen Diamant de Tréabat allmächlich schwere Beine bekam, den Rückstand; an die Gurte kamen sie dem vier Längen voraus auf die Zielgerade biegenden Fire Cracker lange nicht. Erst auf den allerletzten Drücker fand David Thomain bei Clegs den Turbo-Knopf, doch für den Millionär des Thierry Raffegeau gilt Ähnliches wie für Cleangame.
Nach zwei langen Verletzungspausen ist der Zehnjährige seit April 2018 ohne Unterlass auf Achse, hat das früher Versäumte in beeindruckender Manier mit so manchem Höllenritt nachgeholt, was nicht ohne Spuren geblieben ist. Das letzte Aufbäumen reichte nicht ganz, um Sieg Nummer 27 festzuzurren. Eine halbe Länge hielt Firecracker fest und hat nach nunmehr 17 Treffern 637.940 Euro auf dem Sparbuch.
Völlig aus dem Häuschen war die 60 Siege leichte Gaëlle Godard über Platz drei von Edition Géma: „Diese feine Stute (eine Tochter des als Erster des Prix de Cornulier 2009 per Enquête disqualifizierten Prince Gédé/Anm.d.Red.) beschert mir außergewöhnliche Erlebnisse.“
Etwas nüchterner zog Barrier Bilanz: „Als ich mich im Schlussbogen umdrehte und die Anderen in ziemlicher Entfernung sah, war ich guter Hoffnung, es würde reichen. Er kann seine Kapazitäten voll ausspielen, wenn er vorneweg seinen Stiefel durchziehen kann.“
Ein wenig verknurrt war David Thomain ob der ins Wasser gefallenen Titelverteidigung: „Wir kennen diesen Knaller zur Genüge und hätten ihn niemals so weit entkommen lassen dürfen. In der letzten Kurve hatte Clegs leichte Probleme. Ich konnte nicht wie erhofft nachsetzen. Auf der Geraden war er stark und hätte wenige Meter weiter gewonnen. Wir sind geschlagen, aber nicht besiegt.“
Prix Théophile Lallouet - Monté - (Gruppe II int., Fünf- bis Zehnj.)
2700m Bänderstart o.Z., 120.000 Euro
1. Fire Cracker 12,2 Anthony Barrier 72
7j.br. Wallach von Quaro a.d. Urganza von Hulk des Champs
Be: Ec. La Pinsonnière; Zü: Jean-Paul Lemelletier; Tr: Alain Henry Robin
2. Clegs des Champs 12,3 David Thomain 21
3. Edition Géma 12,4 Gaëlle Godard 160
4. Chalimar de Guez 12,6 Jean-Yann Ricart 220
5. Etoile de Bruyère 12,6 Adrien Lamy 76
6. Diamant de Tréabat 12,7 Clément Frecelle 33
7. Diamant de Larré 14,8 Benjamin Rochard 660
Sieg: 72; Richter: sicher ½ - 1½ - 3 - Kopf - 2 Längen; 7 liefen
Zw-Zeiten: 11,8/1200m - 11,3/1700m - 12,1/2200m
Wert: 54.000 - 30.000 - 16.800 - 9.600 - 6.000 - 2.400 - 1.200 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2022-04-09/7500/8