(nn) Vincennes, Sonntag, 21. November 2021. Im Vorjahr gab’s im Prix de Bretagne, dem ersten von sechs Qualifikationsrennen für den Prix d’Amérique, den Aufstand der Armen. Heuer haute der haushohe Favorit auf den Sieg im prestigeträchtigsten Trabrennen des Globus sofort und höchst vernehmlich auf die Pauke.
„Face Time Bourbon ist so gut wie in Neapel“, hatte Trainer Sébastien Guarato der 16-köpfigen Konkurrenz vor der ersten der vier (halb-)klassischen „B“-Vorprüfungen im Vorfeld angedroht. Die „turfistes“ hatten ohnehin keinen Grund, an der Top-Präsenz des wie vor wenigen Jahren Bold Eagle zum Siegen verdammten Braunen zu zweifeln, räumten ihre Sparbücher leer und luden auf „Sieg und Platz“ für den weltweiten Tipp dieses Sonntags ordentlich ab.
Anders als Bold Eagle ist der neue weltbeste aktive Traber nervenstark und mit einer Bierruhe gesegnet, und so machte es ihm nichts aus, dass es rund vier Minuten Kreiselns mit Kurzbesuchen auf dem eigentlichen Renngeläuf bedurfte, bis es endlich auf die 2.700 Meter weite Reise ging.
Das lag auch an Jean-Michel Bazires Zuwachs Zacon Gio, der „FTB“ in seiner Heimat Italien zweimal das Nachsehen gegeben hatte, von jener Verfassung jedoch um Etliches entfernt ist und heute nur einen ersten Schnupperkurs vor der Brust hatte, für den der Maître Alexandre Abrivard ausgeguckt hatte. Der hatte seine liebe Mühe und Not, dem kleinen Schwarzen das Eindrehen im Pulk zu vermitteln, was nicht ohne zweibeinige Hilfe von statten ging.
Aus dem dichten Gerangel um die beste Ausgangslage hielt sich Eric Raffin mit dem Ultrafavoriten dezent zurück. Kam Feliciano am schnellsten in Gang, so wechselte das Kommando zügig durch. Auf Violetto Jet folgte Etonnant, der vor Publikum eine lange Rochade mit Fakir du Lorault veranstaltete, die zu Beginn des Joinviller Bogens beendet war. Außen waren - für sie fast selbstverständlich - Chica de Joudes, Ganay de Banville, der hinter Bazires erste Waffe dirigierte Feliciano und Titelverteidiger Diable de Vauvert die ersten Rufer im Streite.
Kaum war das Zielschild das erste Mal passiert, machte sich Face Time Bourbon in dritter Spur auf den ziemlich weiten Weg nach vorn, was ihm wie Butter von der Hand ging. In der Senke hatte er Etonnant erreicht, dessen Chauffeur Anthony Barrier kein Träumer war und den Ready-Cash-Sohn ohne Widerrede vorbeiließ. Damit war das Match praktisch entschieden, denn das Pferd mit den zwei Herzen und drei Lungen spulte ein zügiges Pensum im hohen 1:11er Bereich herunter, das alle geplanten Attacken im Keim erstickte und das Paarlaufen zur statischen Übung werden ließ.
Ein bisschen ernst machte Raffin kurz vor Erreichen der Zielgeraden, und schon dehnte sich der Vorsprung des Sechsjährigen auf dem Weg zum 35. Sieg aus 42 Engagements zu sechs Längen. Raffin, der einen sehr entspannten Nachmittag erlebte, ließ ihn am Ende nur austrudeln. Dennoch reichte es zum neuen Rennrekord: Wie es schien ohne jedwede Anstrengung, Ohrenwatte und Zaumklappen nicht gezogen, verbesserte „FTB“ die Uralt-Marke der Roxane Griff aus dem Jahr 2012 um 1,1 Sekunden auf 1:11,4. Im Sport ein Quantensprung, der das Konto des Ausnahmeathleten auf 3.365.380 Euro brachte.
Den Ehrenplatz hielt Allrounder Etonnant, der auch für die großen Montés in Frage kommt, eisern fest. Eng wurde es für Ganay de Banville, der sich mächtig sputen musste, um als Ärmster des Rudels hauchdünn vor dem innen durchschießenden Violetto Jet und der sich wie fast immer mit bewundernswürdiger Zähigkeit durch die Todesspur plagenden Chica de Joudes die dritte Fahrkarte Richtung Amérique zu buchen.
Aus dem nächsten Packen, der dicht an dicht am Zielrichter vorbeischoss, schälte sich Rebella Matters als Beste vor Feliciano und Fakir du Lorault heraus. Der rundum beschlagene Zacon Gio, den Bazire am Tag des GNT von Nantes dem Publikum erstmals in einer öffentlichen Trainingseinheit vorgestellt hatte und den er sich wohl am 12. Dezember im Prix du Bourbonnais persönlich und in anderer Aufmachung vorknöpfen wird, bekam ebenso nur die Bahn gezeigt wie Bilibili, der mit diesem belanglosen Auftritt nach elf Monaten verletzungsbedingter Auszeit die Weichen sachte Richtung große Monté-Ereignisse stellte.
„Face Time Bourbon war trotz der sich schier endlos ziehenden Start-Prozedur die Coolness in Person und hat keine Reserven verschossen. Ich wollte zeitig an der Spitze sein und aus dem Schlussbogen richtig beschleunigen. Gezweifelt am Sieg habe ich nie. Er hat perfekt funktioniert - wir sind auf einem guten Weg“, war Raffin überaus zufrieden mit der Vorstellung seines Partners, der in dieser Verfassung weit und breit niemanden zu fürchten hat auf dem schnurgeraden Weg zum dritten Amérique-Triumph.
Prix de Bretagne (Gruppe II int., vier- bis zehnj. Hengste und Stuten)
2700 Meter Bänderstart o.Z., 110.000 Euro
1. Face Time Bourbon 11,4* Eric Raffin 13
6j.dklbr. Hengst von Ready Cash a.d. Vita Bourbon von Love You
Be: Scud. Bivans Srl, IT (Antonio Somma); Zü: SARL Haras Saint Martin (Rainer Engelke); Tr: Sébastien Guarato
2. Etonnant 11,6 Anthony Barrier 350
3. Ganay de Banville 11,7 Jean-Michel Bazire 110
4. Violetto Jet 11,7 Franck Nivard 360
5. Chica de Joudes 11,7 Alain Laurent 460
6. Rebella Matters 11,8 Christophe Martens 220
7. Feliciano 11,8 David Thomain 440
8. Fakir du Lorault 11,9 François Lecanu 230
9. Wild Love 11,9 Alexis Prat 1350
10. Diable de Vauvert 11,9 Gabriele Gelormini 160
11. Amon You SM 12,1 Matthieu Abrivard 910
12. Feeling Cash 12,1 François Lagadeuc 1150
13. Carat Williams 12,8 Yoann Lebourgeois 1140
14. Zacon Gio 13,0 Alexandre Abrivard 840
15. Bilibili 13,6 Laurent-Claude Abrivard 1560
16. Détroit Castelets 13,6 Franck Ouvrie 1070
Frisbee d’Am dis.r. Björn Goop 850
*Rennrekord
Sieg: 13; Richter: überlegen 2½ - 1 - Kopf - Hals - ½ - Hals - ½ - ½ - ½ - 2½ Längen; 17 liefen
Zw-Zeiten: 12,8/1200m - 11,9/1700m - 11,7/2200m
Wert: 49.500 - 27.500 - 15.400 - 8.800 - 5.500 - 2.200 - 1.100 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2021-11-21/7500/4
Qualifiziert für den Prix d’Amérique 2022:
Face Time Bourbon - Etonnant - Ganay de Banville (Prix de Bretagne)
Aus der Deckung abgestaubt
Auf einem Bein kann man manchmal schlecht stehen, und weil es derzeit richtig Schliff hat, legte das Guarato-Quartier im zweiten Gruppe-Rennen des Nachmittags umgehend nach. Gabriele Gelormini schickte im mit dem Auto gestarteten Prix de Boissy-Saint-Léger für Vier- und Fünfjährige, die keine 285.000 Euro gewonnen hatten, Héliade du Goutier von der „3“ wuchtig los, ließ früh den wie immer Tempo bolzenden Hatchet Man vorbei und hatte selbst Arnas Cam, Girolamo, Greyline und den am Start von der „8“ sofort nach innen beorderten Always EK im Nacken.
Als außen Ubiquarian Face kurz nach Einmündung der kleinen Bahn auf der Stelle trat und Al Capone Stecca aus der Deckung zwang, der dabei Hokkaido Jiel rasierte, wurde das Loch zum Ausbruch aus dem Gefängnis für die Prodigious-Tochter groß wie ein Scheunentor. Sie nach außen lancieren, ihr den Kopf freigeben und Hatchet Man im Sturmschritt links liegen lassen war eine fließende Bewegung.
Schon vor der Linie freute sich Gelormini wie ein Schneekönig, als habe er einen Klassiker gewonnen. Héliade schraubte sich zum achten Volltreffer, mit dem die Vierte des Europa-Derbys der Vierjährigen 268.724 Euro ihr Eigen nennt. Hinter dem den Ehrenplatz sicher festhaltenden Hatchet Man wurde es höllisch eng.
Dank des geschonten Vortrags rettete sich die Schimmelstute Arnas Cam zu Bronze gegen die aus dem vierten bzw. fünften Paar außen enorm aufholenden Hadès de Vandel und Eric the Eel, für die die letzten 500 Meter in 1:11,0 bzw. 1:10,4 gestoppt wurden - bei permanenten Durchgangszeiten im 1:11er Bereich wohlgemerkt.
Prix de Boissy-Saint-Leger (Gruppe III int., Vier- & Fünfj., keine 285.000 Euro; in den letzten zwölf Monaten nicht unter den ersten Drei einer Gruppe-I-Prüfung )
2100m Autostart, 80.000 Euro
1. Héliade du Goutier 11,7 Gabriele Gelormini 100
4j.schwbr. Stute von Prodigious a.d. Voltige du Goutier von Onyx du Goutier
Be: Ecurie Saint Martin; Zü: S.C.E.A. des Bissons; Tr: Sébastien Guarato
2. Hatchet Man 11,9 David Thomain 100
3. Arnas Cam 12,1 Björn Goop 410
4. Hadès de Vandel 12,1 Robin Bakker 100
5. Eric the Eel 12,1 Adrien Lamy 50
6. Al Capone Stecca 12,2 François Lagadeuc 310
7. Girolamo 12,2 Franck Ouvrie 1010
8. Always EK 12,3 Matthieu Abrivard 67
9. Greyline 12,5 Julien Dubois 1220
10. Helitlopet 14,5 Kevin Leblanc 2190
11. Ubiquarian Face 27,9 Alexandre Abrivard 720
Hokkaido Jiel dis.r. Pierre-Yves Verva 39
Giant Chief dis.r. Franck Nivard 53
Exodus Brick dis.r. Eric Raffin 640
Sieg: 100; Richter: überlegen 2½ - 1½ - Kopf - Hals - ¾ - k.Kopf - 1 Länge; 14 liefen
Zw-Zeiten: 11,0/600m - 11,4/1100m - 11,6/1600m
Wert: 36.000 - 20.000 - 11.200 - 6.400 - 4.000 - 1.600 - 800 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2021-11-21/7500/5